Der hl.
Joseph
Alle marianischen Heiligen, die wir im Lauf der Kirchengeschichte kennenlernen, berragt zweifellos der schlichte Zimmermann aus Nazareth, der arme Spross aus dem Hause und Geschlechte Davids, der Brutigam und Gemahl Marias.
Man hat ihn im Zusammenhang mit der durch Fatima neu belebten Herz-Mari-Verehrung den ersten und gr§ten Verehrer des Unbefleckten Herzens Mari genannt.
Will man ihn als solchen kennenlernen, muss man zuerst sein Verhltnis zu Maria richtig erfasst haben: Zwischen Maria und Joseph bestand ein ganz inniges, zartes Naheverhltnis, denn beide waren miteinander durch eine wahre Ehe verbunden; die Ehe aber ist doch die strkste Bindung zweier Menschen verschiedenen Geschlechts aneinander. Zwischen Maria und Joseph bestand wohlgemerkt nicht etwa nur im bildlichen, bertragenen Sinn (wie zwischen Christus und der Kirche), sondern im vollen, wahren, wirklichen Sinn eine Ehe und nicht etwa nur eine Verlobung. Im brigen kam nach jdischem Brauch rechtlich die Verlobung bereits einer Verehelichung gleich und gab dem Brutigam alle ehelichen Rechte. Ein Treuebruch der Braut whrend der Verlobung galt bereits als Ehebruch und wurde als solcher auch bestraft.
Es gibt keinen Zweifel: Der hl. Joseph war nicht blo§ Brutigam Marias, er war tatschlich im eigentlichen und rechtlichen Sinn der Gemahl Marias und umgekehrt war Maria wirklich die Gattin, die Gemahlin Josephs.
Die Hl. Schrift gebraucht ja ausdrcklich die entsprechenden Ausdrcke. So hei§t es am Schluss des Stammbaumes Jesu bei Mt 1,16: ãJakob aber zeugte Joseph, den Mann Marias, von der Jesus geboren wurde, der Christus (Messias) genannt wird.Ò Bei Mt 1,19 steht: ãJoseph, ihr Mann, der gerecht war, ...Ò. Bei Mt 1,20 wird vom Engel zum hl. Joseph gesagt: ãJoseph, Sohn Davids, frchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen...Ò.
In den Evangelien ist auch die Tatsache klar verbrgt, dass Maria und Joseph im gemeinsamen Haushalt zusammenlebten und dass dieses Zusammenleben im Sinn einer Ehe im Verwandten- und Bekanntenkreis bekannt war; bei der damaligen jdischen Auffassung von der gebotenen sittlichen Strenge des Ehe-und Familienlebens konnten erwachsene, reife Menschen verschiedenen Geschlechts, die nicht zu einer Familie zusammengehrten, unmglich unter einem Dach zusammenleben, wenn sie nicht miteinander durch die Ehe als Gemahl und Gemahlin verbunden waren. Vom hl. Joseph schreibt nun die Hl. Schrift ausdrcklich, dass er Maria zu sich nahm, dass er an Maria sorgsam und treu alle Pflichten der Ehegatten mit Ausnahme der geschlechtlichen Hingabe erfllte. Maria und Joseph gingen zusammen zur Volkszhlung nach Bethlehem, sie begaben sich jhrlich zusammen zum Osterfest nach Jerusalem, sie flohen zusammen vor der Verfolgung durch Herodes nach gypten, sie wohnten nach der Rckkehr aus gypten dann zusammen in Nazareth. Es kann nach all dem, was die Hl. Schrift berichtet, gar keinen Zweifel geben, dass Maria und Joseph durch eine gesetzm§ige, legitime Ehe miteinander verbunden waren. Die Kirche hat bis zur letzten Liturgiereform am 23. Januar ein eigenes Fest der Vermhlung Marias gefeiert.
Der hl. Joseph war also Marias Verehrer, Liebhaber, Brutigam und Gemahl, und da alles im wahrsten und zugleich schnsten Sinn. Er hat sich ganz und gar, unzertrennbar und unwiderruflich in einer wahren Ehe mit Maria verbunden: sein Herz und seine Liebe gehrten ihr und ihr allein. Und umgekehrt hat Maria sicher ungezwungen und vllig frei – wohl auf ausdrckliche Weisung Gottes – in die Vermhlung mit Joseph eingewilligt. Tat sie dies, so gehrte auch ihrerseits dazu, dass auch sie ihr Herz und ihre Liebe ihrem Gemahl schenkte, fr immer und unwiderruflich, so wie es sich eben nach Gottes Gesetz und Willen fr eine wahre Ehe geziemt.
Nun kommt aber etwas dazu, was diesen Ehebund in seiner zarten, gegenseitigen Liebe himmelhoch heraushebt ber das, was sonst viele Eheleute als das Wichtigste in der Ehe verstehen; die Ehe zwischen Maria und Joseph wurde geschlechtlich nie vollzogen, sondern war und blieb eine jungfruliche Ehe. Das muss kein innerer Widerspruch sein, denn auf die Ausbung des durch den Eheabschluss erlangen Rechtes auf die gegenseitige geschlechtliche Hingabe kann mit gegenseitigem Einverstndnis zeitweise oder auch fr immer verzichtet werden. Dass Maria dazu entschlossen war, kann mit Recht aus dem Verkndigungsevangelium (Lk 1,26-38) herausgelesen werden. Maria beteuert da mit klaren Worten dem Engel Gabriel, dass sie ãkeinen Mann (in der geschlechtlichen Hingabe) erkenne. Auf die gr§te Botschaft, die je vom Himmel herab an ein Menschenkind ergangen ist, erfolgte diese Antwort. Maria wollte sich mit den Worten: ãWie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne?Ò keineswegs der Aufgabe, die ihr Gott stellte, entziehen. Ihr Herz war erfllt vom Wunsch und Willen, Gott geweiht zu bleiben in dauernder Jungfrulichkeit. Bis jetzt hatte sie ihre Jungfrulichkeit bewahrt; sie war fest entschlossen, sie weiter zu bewahren; dabei war sie sicher berzeugt, dass dieser ihr Entschluss zu dauernder Jungfrulichkeit von Gott gebilligt und gesegnet worden sei, sonst htte ihr Wort: ãSie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne?!Ò keinen rechten Sinn. Der Entschluss zu immerwhrender Jungfrulichkeit muss bei Maria festgestanden sein, da konnte der gro§artigste Antrag von welcher Seite auch immer ihr gemacht werden, sie wusste sich durch ihren Entschluss gebunden.
Wenn Maria aber dennoch geheiratet hat, so hat sie in die mit dem hl. Joseph geschlossene Ehe wohl nur unter der Bedingung eingewilligt, dass ihre Jungfrulichkeit unverletzt gewahrt bleibe. Wenn aber der hl. Joseph auf diese Bedingung eingegangen ist, so kann man sicher auf seine seelische Verfassung, auf seine ganze Einstellung Rckschlsse ziehen. Es muss ihm, der zunchst von dem gro§en Heilsgeheimnis der Menschwerdung Gottes unter dem Herzen seiner Braut keine Ahnung hatte, die eheliche Verbindung mit Maria, so wie sie war, mit der Krone unberhrter, jungfrulicher Reinheit, wertvoll genug gednkt haben, auch unter dem Verzicht auf die ehelichen sexuellen Freuden und auf Kindersegen. Wenn aber dieser Mann so gro§ von der Reinheit und Jungfrulichkeit Marias gedacht hat, dann muss er doch wohl selber auch ein ganz edler, reiner, jungfrulich gesinnter Mensch gewesen sein, der da von Herzen gern auf die in der Ehe erlaubten und berechtigten sexuellen Freuden verzichtete, um nur das kostbare Gut der Jungfrulichkeit seiner Braut und Gemahlin behten und schtzen zu knnen. Die Ehe zwischen Maria und Joseph kann demnach nur mit gegenseitiger Zusicherung immerwhrender Jungfrulichkeit eingegangen worden sein. Ohne die Kenntnis und Zustimmung des hl. Joseph zur gelobten Jungfrulichkeit Marias htte ja ein solcher Entschluss von Seiten Marias allein den Ehekontrakt von vornherein null und nichtig gemacht.
Diese Tatsache, dass beiderseits mit klarster Erkenntnis und freiester Entschlie§ung hier die Ehe als jungfruliches Bndnis eingegangen wurde, muss man vor Augen haben, um die hohe Verehrung zu wrdigen, die der hl. Joseph seiner Braut entgegenbrachte, wohlgemerkt zu einer Zeit, wo er von der Erwhlung und Berufung Marias zur Gottesmutterschaft noch keine Ahnung hatte.
Schon vom rein natrlichen Standpunkt aus betrachtet liegt in der Tatsache, dass der hl. Joseph die seligste Jungfrau Maria zur Auserkorenen seines Herzens, zur bestndigen Gefhrtin seines Lebens erwhlte und ihr nach Gott den ersten Platz in seinem Herzen einrumte, ein klarer Beweis, dass er Maria ganz innig verehrte und liebte, und dass es ihm bei Maria nicht auf ihre u§ere Schnheit, die zweifellos auch in besonderem Ausma§ vorhanden war, ankam, sondern auf ihr Inneres, auf ihr Herz, das sich ihm im Entschluss zu immerwhrender Jungfrulichkeit als das unbefleckte Herz zu offenbaren begann. Man kann wirklich mit Recht sagen: Der hl. Joseph war der erste Verehrer des unbefleckten Herzens Mari. Er hat Maria die Hand zu jungfrulicher Ehe gereicht. So etwas hatte die Welt bis dahin noch nicht gesehen, sie htte es sicher auch nicht fr mglich gehalten.
Man hat oft die Frage gestellt, ob es fr Maria nicht angemessener gewesen wre, auf die Ehe zu verzichten. Aber manche Kirchenvter machen bereits eine Reihe von Grnden geltend, die Ehe Marias und Josephs als geraten, ja sozusagen als notwendig erscheinen zu lassen. Zunchst ist zu beachten, dass ein Ledig- und Unverheiratet-bleiben damals im Volk Israel bei einem zur geschlechtlichen Reife gelangten gesunden Mdchen als fast undenkbar und unmglich galt. Es bestand zwar kein Gebot, dass alle Frauen eine Ehe eingehen mssen, aber man htte es doch als Versto§ gegen die ffentliche Sitte betrachtet, sich der blichen herrschenden Gewohnheit nicht anzuschlie§en. Aller Augen waren ja im israelitischen Volk auf den kommenden Messias gerichtet. In den Kindern hoffte eine israelitische Frau doch noch des messianischen Segens teilhaftig zu werden. Kindersegen wurde als Erfllung der Verhei§ungen Gottes an Abraham und Sara angesehen. Kinderlosigkeit galt darum als schwere Heimsuchung, ja sogar als Strafe Gottes. So ist es begreiflich, dass sich aus dem Alten Testament keine einzige Jungfrau namhaft machen lsst, die freiwillig auf den Ehestand verzichtet htte. Darum war es in jedem Fall geraten, mindestens u§erlich sich dem allgemeinen Brauch anzuschlie§en und in den Ehestand zu treten, sogar dann, wenn man der Jungfrulichkeit den Vorzug gab und entschlossen gewesen wre, sein ganzes Leben lang Gott jungfrulich zu dienen. Das galt also auch fr Maria. Auch fr sie war es angemessen, schon in dieser Hinsicht ihren Entschluss zur immerwhrenden Jungfrulichkeit unter den Schleiern des Ehebundes zu verbergen.
Gleiches lsst sich wohl auch vom hl. Joseph sagen. Auch ihn zwangen in gewissem Sinn der herrschende Brauch und die Zeitumstnde zur Ehe. Wer aber die Zeitumstnde so gefgt hatte, ist Gott mit seiner wunderbaren Vorsehung, die da – wie der hl. Thomas von Aquin dargelegt hat, in ganz gro§er Weisheit im Hinblick auf den Gottmenschen, im Hinblick auf Maria, die jungfruliche Gottesmutter und auch im Hinblick auf uns Menschen es so fgte, dass das Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes innerhalb der Ehe Marias und Josephs verwirklicht wurde.
Rein natrlich betrachtet war diese Ehe zur Unfruchtbarkeit verurteilt. Aber es sollte ihr wunderbare Fruchtbarkeit zuteilwerden, weil in diese jungfruliche Ehe auf wunderbare Weise das fleischgewordene ewige Wort Gottes, der Gottmensch Jesus Christus, hineingeboren wurde.
Dadurch, dass der hl. Joseph der seligsten Jungfrau Maria Hand und Herz zu jungfrulichem Ehebund darbot und seine eigene Bereitschaft zur Jungfrulichkeit als kostbarstes Brautgeschenk seiner erwhlten Braut berreichte, schenkte er ihr mehr als er, der verarmte Spross aus dem kniglichen Geschlecht Davids ihr geschenkt htte, wenn er ein Knigreich in die Ehe mitgebracht htte. Dabei wurde ihm selbst ein ganz besonderes, beraus kostbares Geschenk zuteil, denn er wurde so nicht blo§ zum liebevollen Beschtzer der Jungfrulichkeit Marias, sondern berdies zum jungfrulichen Vater Jesu Christi.
Der hl. Joseph war nicht nur Nhr- und Pflegevater des Jesuskindes, wie man gewhnlich zu sagen pflegt. Gewiss war er dies auch, denn er hat zweifellos in bestmglicher weise nicht nur fr seine Gemahlin, sondern auch fr das gttliche Kind gesorgt; er hat nicht nur der Mutter, sondern auch dem Kind durch seiner Hnde Arbeit den ntigen Unterhalt verschafft. Er hat nicht nur die Mutter, sondern vor allem auch das gttliche Kind den Nachstellungen des Herodes durch die Flucht nach gypten entzogen. Es ist keine Dienstleistung denkbar, die der hl. Joseph nicht nur seiner jungfrulichen Gemahlin, sondern vor allem auch dem Jesuskind nicht mit wahrhaft vterlicher liebe und Sorgfalt gewidmet hat. Aber alle Liebe und Sorge, die der hl. Joseph dem gttlichen Kind entgegenbrachte, schenkte er ihm nicht blo§ als Pflegevater. Joseph war mehr. Auch wenn das gttliche Kind auf wunderbare, jungfruliche Weise empfangen und geboren wurde, es war dabei aber nicht nur das Kind Marias, es war auch das Kind des hl. Joseph, denn es wurde in seine jungfruliche Ehe hineingeboren, die ja ganz und gar auf die Menschwerdung des Sohnes Gottes hingeordnet war; die jungfruliche Ehe zwischen Maria und Joseph sollte eigentlich nur der angemessenen Vollziehung der Menschwerdung Gottes dienen. Der Sohn Gottes solle nach dem ewigen Plan der gttlichen Vorsehung von einer vermhlten Jungfrau empfangen und in ihre Ehe hineingeboren werden. Der hl. Joseph hat bei der Menschwerdung des Sohnes Gottes mitgewirkt, freilich in anderer, erhabenerer Weise als es sonst ein Vater durch den Zeugungsakt tut. Der hl Joseph hat es aus seiner eigenen jungfrulichen Einstellung heraus Gott vorbehaltlos berlassen, den Mutterscho§ seiner jungfrulichen Gemahlin in wahrhaft gttlicher, die Jungfrulichkeit Marias nicht verletzender, sondern diese heiligender Weise zu befruchten. So ist der hl. Joseph nicht blo§ Nhr- und Pflegevater Jesu Christ, wir nennen ihn am schnsten den jungfrulichen Vater Jesu Christi. Dazu verdient er noch jene hohen Titel, die ihm die Kirche in der Josephs-Litanei gibt: ãkeuscher Beschtzer der seligsten Jungfrau, sorgsamer Behter Christi und Haupt der Heiligen FamilieÒ, der ãgerecht, keusch, weise, starkmtig, gehorsam und treuÒ seine ihm bertragenen Aufgaben erfllt hat.